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Das Kaiserpanorama und koloniale Zurschaustellung

Wir befinden uns am Neuen Markt, einem Ort an dem bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert schon Einiges los war. Neben verschiedenen Ausstellungen, gab es an diesem Ort ein sogenanntes Kaiser-Panorama. Dabei handelte es sich um ein populäres Massenmedium, welches bis zu 25 Personen gleichzeitig ermöglichte, Bilderserien in Farbe und sogar in 3D zu betrachten: Quasi eine Art “Bilder-Kino”.

Kaiserpanorama um 1900

Das Kaiserpanorama im 19. Jh.

Diese massenhafte kommerzielle Nutzung der Stereoskopie wurde vom deutschen Physiker und Unternehmer August Fuhrmann in verschiedenen Großstädten Mitteleuropas vorangetrieben. Das erste Rostocker Kaiserpanorama eröffnete 1890 am Neuen Markt. 25 Jahre lang brachten Wanderschausteller*innen verschiedenste Bilder in die Stadt. Wegen der vielen Badegäste wurde das Kaiserpanorama im Sommer auch in Warnemünde aufgebaut. 1910 gab es Kaiser-Panorama-Filialen in etwa 250 Städten.

Das Kaiserpanorama kann als Vorläuferin des Bildjournalismus gesehen werden. Statt lange zu Reisen, konnten sich jede Woche verschiedenste Bilder für 30 Pfennig Eintritt angeschaut werden. Die Bilder sollten zu Bildungs- und Unterhaltungszwecken dienen. Auch wenn sich Alltagsszenen, Erfindungen und andere Neuigkeiten in einigen Bildserien wiederfinden lassen, so wurden doch hauptsächlich exotisch anmutende und für die bürgerlichen Menschen unerschwingliche Reiseziele und Landschaften gezeigt. Die Relevanz für den postkolonialen Stadtrundgang ergibt sich aus der Art und Weise der Darstellung von Menschen aus Kolonialländern. So wurden rassistische und stereotype Darstellungen gewählt. Auch Herrschaftsverhältnisse sind auf den Bildern zu sehen und können durch die bildliche Reproduktion gestützt oder sogar (als Normalität) legitimiert werden.

Neben den Kaiserpanorama Vorstellungen waren die sogenannten “Völkerschauen” dafür zentral. Sie bezeichnen die Zurschaustellung von (versklavten) Angehörigen einzelner Völker, vor allem aus kommerziellen Gründen. In Deutschland, darunter auch in Rostock und Warnemünde, fanden von 1871 bis in die 1930er Jahre etwa 400 Völkerschauen statt. Dabei folgte jede Schau einem bestimmten Inszenierungsmuster, das Stereotypen über die dargestellte Volksgruppe bediente. Mit Aufkommen des Tonfilms und später des Ferntourismus verschwanden Völkerschauen ab den 1930er Jahren zunehmend aus der deutschen Öffentlichkeit.1

“Sudanesendorf” 1911 Schwerin Landes- und Gewerbeausstellung

„Die ersten ‚Lappländer Polarmenschen‘ wurden 1875 in Wien, Dresden, Schwerin und Stuttgart von Böhle und Willardt gezeigt, das ‚Amazonen-Corps‘ wurde 1880 von Hagenbeck und Hood in Hamburg veranstaltet, für die ‚Gorilla-N*****‘ wurde ein Antrag um Zulassung zum Oktoberfest 1901 gestellt, ‚Wild-Afrika‘ war eine Völkerschau von Carl Gabriel auf dem Oktoberfest 1906 und die ‚Wakamba N***** Krieger Karawane‘ trat 1893 in München auf.“

Vgl. Dreesbach, Gezähmte Wilde 2005, S. 113.
Ausschnitt Rostocker Zeitung 21.05.1850 Anküdigung zum ”Exotik Pfingstmarkt”

Im Fernsehen, auf Werbeplaketen oder auch in Kinderbüchern ist die Darstellung von Schwarzen Menschen und People of Colour auch heute noch durch rassistische Klischees und Vortstellungen geprägt.

Quellen und zum Nachlesen

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