Keine Lust auf langes Lesen?

Hier kannst du dir alle Infos auch bequem anhören und währenddessen die Gegend erkunden.

Handel in Rostock

An der Warnow, unweit der Ostsee gelegen, war der Handel und somit auch der Hafen für Rostock schon immer von großer Bedeutung. Als viertgrößte Stadt Norddeutschlands im Jahre 1410, war die Zugehörigkeit zur Hanse wirtschaftlich besonders relevant. Die Hanse war ein Zusammenschluss norddeutscher Kaufleute, die freien Handel ohne Zölle auch mit anderen europäischen Ländern gewährleistete. Auch das Brauwesen war mit bis zu 200 Brauhäusern zwischenzeitlich ein wichtiges wirtschaftliches Standbein der Stadt. Im 17. Jahrhundert wurde die Hanse jedoch aufgelöst, da sich der Handel aufgrund der Kolonialisierung vieler Regionen der Erde durch europäische Mächte immer mehr globalisierte und auf den Atlantik verlagerte.


1840 war Rostock mit 54.000 Einwohner*innen die größte Stadt Mecklenburgs. Durch die kolonialbedingte Erweiterung der Handelsräume erlebte der Seehandel eine neue Hochphase und wurde zum wirtschaftlichen Motor der Stadt. Mehr als 200 Kaufleute waren dauerhaft in Rostock ansässig und exportierten lokale Güter, wie Getreide, Fisch oder Bier in andere europäische Länder. Außerdem wurden Kolonialwaren, wie Kaffee, Zucker, Schokolade oder Tee importiert. Diese Waren, die in den afrikanischen Kolonien unter Zwangsarbeit oder Versklavung von der einheimischen Bevölkerung abgebaut und produziert wurden, fanden in Rostock und Mecklenburg viele Interessent*innen.


1850 wurde die Neptun-Werft gegründet und Rostock an das Eisenbahnnetz angeschlossen, was den Binnenhandel erleichterte. Zu diesem Zeitpunkt besaß die Stadt Rostock die größte Handelsflotte im Ostseeraum. Den Rostocker Hafen passierten Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 500 Schiffe pro Jahr. Andere wachsende Wirtschaftszweige waren die Tabakindustrie, Brennereien, Landmaschinenbau sowie das Bauwesen und Dienstleistungsunternehmen, wie z.B. die chemisch-pharmazeutische Industrie von Friedrich Witte.


Bis heute ist der Hafen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region und es wird nach wie vor Import und Export von Konsumgütern betrieben. Durch die Wirtschaftsbeziehungen der Rostocker Kaufleute wird deutlich, dass nicht nur der zu erwartende Austausch im Ostseeraum, sondern eine weltweite Verflechtung im Handel, auch mit verschiedenen Kolonialmächten stattfand. Dazu gehörten England, Spanien und Portugal, die Niederlande, Großbritannien und Frankreich. Die finanziellen Profite der Kaufleute und damit ein bedeutender Anteil der Stadteinnahmen waren deshalb unmittelbar durch die Zwangsarbeit tausender Menschen während der Kolonialzeit erwirtschaftet worden.


Heute gibt es noch einige Läden in Rostock, die sich positiv auf diese historische Handelsverbindungen beziehen und mit dem Begriff „Kolonialwaren“ werben (beispielsweise steht EDEKA für „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin“). Wer sichergehen will, dass heute Gekauftes ohne Kinderarbeit, Ausbeutung und körperlichen Zwang angebaut und verarbeitet wurde, kann beispielsweise auf Fairtradesiegel achten oder dem Weltladen einen Besuch abstatten.

Quellen und zum Nachlesen

Stationen
Kartenansicht